Typischer Aufbau eines Kommentar
Was will der Kommentar?
Der Kommentar versucht Ereignisse einzuordnen, Diskussionen anzustoßen oder sich kritisch mit Plänen, Entscheidungen und Vorgängen auseinander zu setzen.
Walter von La Roche (Autor journalistischer Standartwerke) hat drei Kommentar-Arten definiert. Auch das ist Standard.
1. Der Geradeaus-Kommentar
dient vor allem dazu „Dampf abzulassen“ und die Wut des Lesers aufzugreifen. Der Kommentar lobt, schimpft, tadelt meist ohne langatmige Begründungen.
2. Der Einerseits-Andrerseits-Kommentar
stellt Argumente gegenüber, ohne dass sich der Kommentator für die eine oder andere Seite entscheidet.
3. Der Argumentations-Kommentar
ist die häufigste Form. Der Kommentator setzt sich mit den relevanten Standpunkten auseinander und begründet sachlich seine Überzeugung.
Typischer Aufbau eines Kommentars
1. Einleitung mit kurzer Skizze des Sachverhaltens. Darum geht es.
1.1. Die These oder Frage des Autors.
2. Argumentations-Teil
2.1. Die Darstellung der unterschiedlichen Positionen zum Vorgang und die Beurteilung der Argumente.
3. Fazit: Zusammenfassung der eigenen Argumentation und der Schlussfolgerung daraus. Die Entscheidung für die eine oder andere Seite kann offen bleiben, wenn das Problem z.B. noch in der Entwicklung ist.
Helmut Geißner („Das wirkende Wort“)
hat folgenden Aufbau eines Kommentars vorgeschlagen:
1. Standpunkt darlegen
2. Begründung der These
3. Die These durch ein Beispiel anschaulich machen
4. Auf mögliche Konsequenzen der These eingehen
5. Appell an die Verantwortlich der These zu folgen
Die Glosse
Die Glosse (gr. Zunge/Sprache) ist eine kurze, pointierte, amüsante Kritik. Sie schildert nicht vorrangig die Wirklichkeit, sondern betont das Widersinnige einer Situation. Der Kommentar setzt sich mit einer Sache auseinander, die Glosse will die Sache lächerlich machen, sie verspotten und den Leser unterhalten.
Das Absurde betonen
Durch die Übertreibung versucht die Glosse das Absurde an der Sache deutlich zu machen, zum Nachdenken und Schmunzeln anzuregen.
Der Stil ist meist ironisch, polemisch, aggressiv, zynisch-spöttisch. Die Glosse schwelgt gerne in kühnen Methapern, Vergleichen und Wortspielen. Der Schlussfolgerung des Kommentars entspricht bei der Glosse die abschließende, augenzwinkernde Pointe.
Satire
Auch die Satire ist einseitig, parteiisch, agitierend und aggressiv. Sie greift an, ist bissig, zornig, aber auch ernst und manchmal pathetisch. Der Satiriker will die gute Welt, aber weil sie häufig schlecht ist, greift er sie an.
Friedrich Schiller (1759-1805) definierte: „Die Satire stellt der mangelhaften Realität ein Ideal gegenüber.“
Und nach Johann Georg Sulzer (1720-1779) wählt die Satire Themen von sozialer Relevanz, will belehren und bessern und verbindet mit ihrer Zeitkritik einen erzieherischen Anspruch. Für ihn ist Satire ein Mittel zur moralischen Besserung des Menschen.
(Auszug aus “Arbeitsblätter”)
Von der Nachricht zur Glosse
Die Nachricht (Anfang Dezember 2018)
Tübingens “Grüner” Oberbürgermeister, Boris Palmer, hat Probleme mit der Hauptstadt. Wenn er ihn Berlin ankomme, sagt er in einem Interview mit der Funke-Mediengruppe (4. Dezember 2018) denke er immer “Vorsicht, Sie verlassen jetzt den funktionierenden Teil Deutschlands.” Berlin sei für ihn eine Mischung aus Kriminalität, Drogenhandel und bitterer Armut.
In Berlin waren auch viele Medien verstimmt.
Die Glosse
Ick gloob, ik spinne, da kommt so ein Mini-Bürgermeister vom Dorf, Tübingen heeßt det, und behauptet frech: Wenn Sie die Stadtgrenze der Hauptstadt überschreiten “verlassen Sie den funktionierenden Teil Deutschlands”. Na, sach man.
Janz Berlin is aus dem Häuschen. Und die Metropole hat ne Menge Häuschen mit demnächst vier Millionen Leuten drin. Tübingen hat auch ein paar Häuschen. Schaffe-Schaffe-Schwaben-Häusle halt. Da hausen dann so um die 88.000 Menschen.
Nur mal so zum Vergleich: Das sind fast so viele Einwohner wie in zwei unserer insgesamt 96 Ortsteile, etwa Marienfelde und Mariendorf, leben. Kennt im Westen auch kaum einer,die Ortsteile. Die sind vermutlich ähnlich bedeutend wie Tübingen.
Für den Bürgermeister gab es dann auch sofort ein paar freundliche Worte. Der Tagesspiegel, Leitmedium der Hauptstadt, widmete diesem Grünen-Bürgermeister (Boris Palmer) gleich mal die ganze Seite drei.
Und da zeigt das “Leid-Medium” dann auch gleich mal wat ne Harke ist. Der Palmer sei ein “Wutbürgermeister” vom “Kaff der guten Hoffnung” und zitiert genüsslich Berlins Ober-Grüne, Regina Pop, die ihren Parteifreund als “Hilfssheriff” tituliert hatte. Jürgen Trittin weist im Blatt pädagogisch wertvoll darauf hin, dass das Bild der Schwaben von Berlin genauso falsch sei , wie das Bild der Berliner von Schwaben (siehste).
Der Regierende Bürgermeister (dat is n Titel, Herr Mini-Bürgermeister, wa?), Michael Müller, erklärt nachsichtig, dass man eine Vier-Millionen-Stadt doch wohl nicht ernsthaft mit den “dörflichen Strukturen” vergleichen könne, in denen Palmer lebt.
Und überhaupt: Von den “Warteschlangen” vor Berliner Behörden, die Palmer auf die Palme brachten, könne Schwaben ja nur träumen. Eben:
Bei uns in der Hauptstadt stehen mehr Bürger in derSchlangen als Tübingen Einwohner hat. (spec)