Pressefreiheit und Zensur – Eine Chronik

411 vor Christus: Athen,       Bücher des Philosophen Protagoras werden verbrannt

1450                Erfindung des Buchdrucks in Mainz

1485                Bischof von Mainz erlässt Anordnung zur Errichtung einer                         Zensurkommission

1487                Papst Inozenz VIII. erlässt Zensurverordnung: Für jegliches Druckwerk ist eine Erlaubnis notwendig

1521                Karl V. erlässt auf  dem Reichstag zu Worms das Kaiserliches Edikt             zur Präventivzensur

1564 Konzil von Trient erlässt Index librorum prohibitorum  (Verzeichnis der verbotenen Bücher).

Index verbotener Bücher

Der Indexlistet alle Bücher auf, die ein Katholik – bei Strafe der Exkommunikation – nicht lesen darf. Zuletzt waren 6000 Werke aufgeführt.

Der Index wird erst1965 von Papst Paul VI aufgehoben:

1695                Das englische Parlament verzichtet auf die Verlängerung des Zensur-Statuts

17. September 1787: Verabschiedung der US-Verfassung

Neben den ursprünglich sieben Artikeln gibt es einen Grundrechtskatalog, der die ersten zehn Zusätze der Verfassung (Bill of Rights) umfasst und bestimmte unveräußerliche Rechte garantiert

Bereits zuvor, am 4. Juli 1776,wurde in der „Proklamation der Unabhängigkeit“ die Meinungs- und Pressefreiheit als unveräußerliches Menschenrecht dargestellt.

Der 1. Zusatzartikel: Amendment I: Congress shall make no law respecting an establishment of religion, or prohibiting the free exercise thereof; or abridging the freedom of speech, or of the press; or the right of the people peaceably to assemble, and to petition the Government for a redress of grievances.

Paris, 26, August 1789, französische Nationalversammlung – Die Erklärung der Menschen und Bürgerrechte – Präambel und 17 Artikel

Artikel 11: „Die freie Äußerung von Meinungen und Gedanken ist eines der kostbarsten Menschenrechte; jeder Bürger kann also frei reden, schreiben und drucken, vorbehaltlich seiner Verantwortlichkeit für den Missbrauch dieser Freiheit in den durch das Gesetz bestimmten Fällen.“

Zensur wieder ab 1810 durch Napoleon

1813 bis 1815: Freiheitskriege in Deutschland. Josef Görres gründet den Rheinischen Merkur und fordert: Pressefreiheit im Namen des Volkes

1815    Deutsche Bundesakte  (Grundgesetz des Deutschen Staatenbundes; sie wurde während des Wiener Kongreßes verabschiedet)

„Die Bundesversammlung wird sich bey ihrer ersten Zusammenkunft mit der Abfassung gleichförmiger Verfügungen über die Preßfreiheit und die Sicherstellung der Rechte der Schriftsteller und Verleger gegen den Nachdruck beschäftigen.

Karlsbader Beschlüsse von 1819 führen Zensur (bis 20 Bögen) wieder ein

1831    Preßgesetz von Baden „alle Censur der Druckschriften“ verboten 1832 aufgehoben

1832    Hambacher Fest bei Neustadt: Nach Einführung einer strengen Zensur in der Pfalz gründeten Wirth und Siebenpfeifer den Deutschen Preß- und Vaterlandserein zur Unterstützung der oppositionellen Presse. In Hambach wird Meinungs- und Pressefreiheit eingefordert

1848    Paulskirche Gesetzesentwurf

Die Preßfreiheit darf unter keinen Umständen und in keiner Weise durch vorbeugende Maaßregeln, namentlich Censur, Concessionen, Sicherheitsbestellungen, Staatsauflagen, Beschränkungen der Druckereien oder des Buchhandels, Postverbote oder andere Hemmungen des freien Verkehrs beschränkt, suspendiert oder aufgehoben werden.“

1874    7. Mai:  Reichspressegesetz

Das Reichspressegesetz untersagt alle Zensur- und sonstigen             Präventivmaßnahmen. Der Reichstag kann jedoch weiterhin mit   einfacher Mehrheit die Pressefreiheit   einschränken oder aufheben. So       geschehen z.B. beim „Kulturkampf“ gegen die Katholiken 1874 und        beim Verbot der sozialdemokratischen Presse im Zuge der Sozialistengesetze 1878.                                                                      Während des 1. Weltkrieges gilt die Zensur

1901    Lenin legt in seinem Werk Womit beginnen? die Aufgabe der Massenmedien in der kommunistischen Gesellschaft fest. Journalisten sollen als kollektive Propagandisten und Agitatoren bei der Entwicklung der Gesellschaft mitwirken

1919    1919: Aufnahme der Pressefreiheit in den

Grundrechtskatalog der Weimarer
Art. 118 der Weimarer Verfassung:

Jeder Deutsche hat das Recht, innerhalb der Schranken der allgemeinen Gesetze seine Meinung durch Wort, Druck, Bild oder in sonstiger Weise frei zu äußern. An diesem Rechte darf ihn kein Arbeits- oder Anstellungsverhältnis hindern, und niemand darf ihn benachteiligen, wenn er von diesem Rechte Gebrauch macht. Eine Zensur findet nicht statt

1933    Unmittelbar nach dem Reichstagsbrand am 27.2.1933 wird am 28. Februar 1933 die

„Verordnung zum Schutz von Volk und Staat erlassen“

Im 1. Januar 1934 folgt das „Schriftleitergesetz“

Bis 1945: Zentrale Lenkung der Presse, des Rundfunks und des Films durch das Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda durch Weisungen in täglichen Pressekonferenzen.

1945 bis 1949 Westliche Besatzungszonen: 1

Nach der deutschen Kapitulation hatte die Siegermächte sämtliche publizistischer Aktivitäten beschränkt. Nur an Personen, die als politisch unbelastet gelten, werden Lizenzen für Zeitungsneugründungen gegeben, die wiederum alliierter Kontrolle unterstehen. Der Presse ist unter anderem verwehrt, sich frei über die Besatzungsmächte zu äußern.

1949 bis 1989 Sowjetische Besatzungszone:
Lenkung und Kontrolle der gesamten Presse in der DDR durch die SED. Es gibt keine offizielle Zensur, aber die „Marschrichtung“ der Presse wird in einer wöchentlichen Chefredakteurs-Konferenz festgelegt.

1949    24.. Mai (in Kraft getreten) Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland

Artikel 5 (1) GG
Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten.

Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet.

Eine Zensur findet nicht statt.“

1949    Der Lizenzzwang für Zeitungsneugründungen wird aufgehoben. Jeder kann seither gemäß “Artikel 5” des Grundgesetzes eine Zeitung gründen.

Ein Verdrängungswettbewerb setzt ein. Die “Deutsche Presse Agentur”  (dpa) verfasst ihre erste Meldung, die Erstausgabe der “Frankfurter Allgemeinen Zeitung” erscheint.

1952:  Erstausgabe der “Bild-Zeitung”

1958    Bundesverfassungsgericht  zur politische Bedeutung der Meinungsfreiheit

„Das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung ist als unmittelbarster        vornehmsten Menschenrechte überhaupt…Für eine freiheitlich-  demokratische Staatsordnung ist es schlechthin konstituierend, weil es    erst die ständige geistige Auseinandersetzung, den Kampf der Meinungen,          ermöglicht, der ihr Lebenselement ist. Es ist in gewissem Sinn     die Grundlage jeder Freiheit überhaupt.“

1958    Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (Europäische Menschenrechtskonvention) Artikel 10        BGBl. Nr. 210/1958
Anmerkung: Die Europäische Menschenrechtskonvention ist gemäß BVG BGBl. Nr. 59/1964 mit Verfassungsrang ausgestattet.)

Artikel 10 – Freiheit der Meinungsäußerung

(1) „Jedermann hat Anspruch auf freie Meinungsäußerung. Dieses Recht schließt die Freiheit der Meinung und die Freiheit zum Empfang und zur Mitteilung von Nachrichten oder Ideen ohne Eingriffe öffentlicher Behörden und ohne Rücksicht auf Landesgrenzen ein.“

Zensur  Vorzensur: Einschränkungen durch Genehmigung von Behörden, bei der Herstellung und Verbreitung

Nachzensur: Kontrolle nach Veröffentlichung