Waffe und Ventil: Der Witz in der DDR

Beiträge zur Zeit- und Mediengeschichte – Folge 05

Die Reihe “Beiträge zur Zeit- und Mediengeschichte” ist als Ergänzung zum Buch gedacht

Wenn es ernst wird, hilft nur noch Humor: Wie in allen Staaten, in denen eine elitäre Clique glaubt, im alleinigen Besitz der Wahrheit zu sein, war auch in der DDR der Witz Waffe und Ventil zu gleich. Die großem Kabarett-Ensemble der „Demokratischen“ waren sich dieser Rolle natürlich bewusst und zeigten ihre Stacheln gerne zwischen den gesprochenen Sätzen. Das funktionierte beim Publikum der Distel und der Pfeffermühle genauso wie beispielsweise bei der Kneifzange oder der Herkuleskeule.

Humoristische Laien-Spieler gehörten zum Bereich „Künstlerisches Volksschaffen“. Das „Zentralhaus für Kultur“ in Leipzig organisierte Gastspiele für diese Gruppen und überwachte die Produktion. Schließlich sollte das Ventil auch nicht zu viel Dampf ausströmen.

Solche Probleme kannte das Radio-Kabarett beim Rundfunk im amerikanischen Sektor (RIAS) nicht. Mit Herz und Schnauze schossen die „Insulaner“ ihre Pointen ab. Günter Neumann hatte das erste Programm des Kabaretts mitten in der Blockade (Weihnachten 1948) geschrieben. Die Insulaner wurden bald ein Markenzeichen des Senders in Ost und West. So – und jetzt heiter weiter.

In der DDR gaben sich bekanntlich die Diktatoren die Klinke in die Hand. Auf Hitler folgten Ulbricht und Honecker; ohne, dass ich diese Herrschaften vergleichen möchte. Aber natürlich überlebten einige Kalauer auch unbeschadet den Systemwechsel.

Da ist zum Beispiel dieses wunderbare Wortspiel, das schon bei Hitler den Volkswillen ausdrückte.

  • Der Parteisekretär läuft unschlüssig mit einem Honecker-Porträt in seinem Büro auf und ab: Was mache ich nun? Hänge ich ihn auf oder stelle ich ihn doch lieber an die Wand?
  • Der IQ der Volkspolizei wurde nicht allzu hoch eingeschätzt. Und so war es durchaus glaubhaft, dass der Vopo vergeblich versuchte eine Konservendose zu öffnen. Schließlich legte er das Werkzeug zur Seite und klopfte mit aller Kraft auf den Deckel: Aufmachen, Volkspolizei!
  • Ein Stasi-Offizier erklärt einem Volkspolizisten den Unterschied zwischen umsonst und unentgeltlich.  Wenn ich studiere, kostet das nichts, ist also unentgeltlich. Wenn du studieren würdest, wäre das umsonst.
  • Die Versorgungslage war oft ernst, gab aber auch häufig Anlass zur Ironie. Mein Lieblings-Witz: Warum gab es in der DDR keine Kiwis? Antwort: Keine Nachfrage.
  • Ü- berhaupt Südfrüchte: Aufgewühlt kommt der Stasi-Offizier nach Hause und findet seine Frau mit seinem besten Freund im Bett: Das darf doch nicht wahr sein. Im HO gibt es Kiwis und ihr macht hier rum.
  • Eine Kundin fragt den Verkäufer im Centrum Warenhaus: Gibt es hier den keine Schuhe.? Tut mir leid, keine Schuhe gibt es im ersten Stock. Hier gibt es keine Mäntel.
  • Reden wir mal über Honecker: Welchen Unterschied gibt es zwischen dem Generalsekretär und Staatsrat vorsitzenden und einer Ost-Berliner Straßenbahn?  Keine Frage, die Tram hat mehr Anhänger.
  • Der Palast der Republik wurde auch Honeckers-Lampenladen genannt. Vielleicht, weil einige DDR-Bürger wähnten, im Palast gäbe es mehr Lampen als Leuchten im Politbüro.
  • Aber auch im Palast fiel manchmal der Strom für Stunden aus. Honecker jammerte später, er sei wegen des Stromausfalls über eine Stunde im Aufzog eingesperrt gewesen. Das sei noch Garnichts, meinte Stasi-Chef Erich Milke: Ich musste eine Stunde auf der harten Rolltreppe warten. Auch Kalauer müssen ja mal erlaubt sein.
  • Und dann sah Honecker enttäuscht und verbittert der Sonne nach, wie sie vom Osten in den Westen wanderte: Mach nur rüber, aber glaube mir – du wirst dort untergehen.
  • Christa Minz (DDR-Satirikerin) hat den Begriff Sozialismus mit einer Alliteration definiert: Alle Arbeit auf andere abschieben, anschließend alle anscheißen.
  • Rennpappe wurde der Trabant (Trabi) liebevoll genannt. Das ist bekannt, aber wussten Sie auch, wie viele Menschen nötig sind, um so eine Rennpappe zu bauen? Es genügen zwei Mann: Einer faltet, der andere klebt.
  • Und dann war da noch der stolze Trabi-Besitzer, der nach der Wende in eine West-Werkstatt kam: Ich hätte gerne einen Scheibenwischer für meinen Trabi. Ok, sagte der Wessi, das ist ein fairer Deal.
  • Überhaupt diese Unterschiede zwischen Ost und West. Z.B. die Schweine. Im Westen werden sie gegessen, im Osten Genossen.
  • Und die Stimmung? Wie war sie so im Osten? Naja, sie hält sich in Grenzen.
  • Und wie läuft es sonst so? Ich kann mich nicht beschweren, sagt der DDR-Bürger.
  • Aber auch zwischen Rügen und Suhl weiß man, was Glück ist. „Glück ist, dass wir in der DDR leben dürfen.“ Und Unglück? Das wir so viel Glück haben.
  • Lernfrage: Was ist Kapitalismus? Das ist die Ausbeutung des Menschen durch den Menschen. Und Sozialismus? Da ist es genau umgekehrt.
  • Und dann den noch.  Der Unterschied zwischen Marx und Murks? Marx ist die Theorie.
  • Fragt der FDJ-Knabe: Sind die Russen unsere Freunde oder unsere Brüder? Das sind unsere Brüder. Freunde kann man sich aussuchen.
  • Willy Brandt und Walter Ulbricht unterhalten sich bei einem Treffen über ihre Hobbys. Brandt: Ich sammle Witze, die sich die Leute über mich erzählen. Ulbricht: Ich habe ein ganz ähnliches Hobby. Ich sammle die Leute, die sich Witze über mich erzählen.

(wird fortgesetzt)